Internationaler Frauentag 2020
Zwei Frauen treten in Gelsenkirchen am 13. September 2020 als Obermeister-Kandidaten für ihre Partei an. „Das ist ein absolutes Novum und ich finde es wunderbar“, sagt Susanne Cichos, die für die FDP das höchste Amt in der Stadt anstrebt.
Dennoch stehen Frauen an der Spitze einer Kommune ziemlich einsam da. 2017 ergab ein Genderranking, das die Fern-Universität Hagen ermittelt hatte, dass lediglich 8,2, Prozent der Oberbürgermeister-Posten in deutschen Großstätten von Frauen besetzt waren.
„Kommunalpolitik wird auch mehr als 100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts im Jahr 1919 immer noch von Männern dominiert“, sagt Cichos. Auch in Gelsenkirchen. Von den 67 Ratsmandaten sind gerade mal 15 mit Frauen besetzt. Damit liegt Gelsenkirchen unter dem Bundestrend. Durchschnittlich lag der Frauenanteil an den Stadträtinnen 2017 bei 27 Prozent. Das müsse sich ändern, denn Frauen könnten wichtige neue Perspektiven und Lebenserfahrungen in die kommunalen Gremien einbringen.
Um zukünftig mehr Frauen für die Kommunalpolitik zu begeistern, denkt Cichos über konkrete Maßnahmen nach. „Wir müssen die Rahmenbedingungen für die politische Arbeit vor Ort verbessern“, fordert sie. Ein wichtiges Kriterium dabei: die Vereinbarkeit von Familie und kommunalem Ehrenamt stärken. Der Vorsatz, im Hans-Sachs-Haus eine Kita für die Verwaltungsangestellten einzurichten, den Cichos bereits in Ihrem Wahlprogramm formuliert hat, könnte auch hier greifen. Stadträtinnen könnten ihre Kinder während der Sitzungen dort abgeben. Finden die Sitzungen dezentral in den Stadtteilen statt, könnte sich Cichos eine finanzielle Unterstützung vorstellen.„Wer sich in einem Ausschuss oder einer Bezirksvertretung engagiert, der sollte zum Beispiel die in der Zeit anfallenden Kosten für die Kinderbetreuung erstattet bekommen“, so Cichos. Nachdenken sollte man auch darüber, ob junge Eltern nach der Geburt eines Kindes vorübergehend von den Sitzungen befreit werden könnten.
„Mehr Frauen für Gelsenkirchen“ ist Cichos Ziel. Sie begrüßt die Forderung des Deutschen Städte- und Gemeindetages, bereits in der Schule zu starten und Mädchen zu sensibilisieren. Politik sei die Keimzelle der Demokratie, daher sei „Girls Day goes Kommunalpoitik“ eine wunderbare Idee. Genau wie das Mentorin-Programm. Hierbei sollen erfahrene Kommunalpolitikerinnen junge interessierte Frauen dabei unterstützen, sich in kommunalpolitische Themen hineinzudenken, Handlungskompetenzen zu erlangen und Zugang zu Netzwerken zu erhalten.
„Wir brauchen den weiblichen Blick auf die Stadt, nur dann können wir uns authentisch mit Problemen von Frauen im Rat befassen“, ist sie überzeugt. „Frauen machen 50 Prozent der Bevölkerung aus, aber die Sorgen, Nöte und Wünsche dieses weiblichen Teils der Bevölkerung werden nicht adäquat in den Kommunalparlamenten vertreten.“ Für die Stadtgesellschaft wäre es ein großer Gewinn, wenn mehr Frauen den Weg in die Kommunalpolitik finden würden. „Ich würde mich sehr über weitere Mitstreiterinnen freuen“, so Cichos.